Amy Wald

Radio:Talk mit Amy Wald

Lisa Photojournalist , Social Media

Beim Radio:Talk sprechen wir mit Künstlern, Bands und interessanten Persönlichkeiten der Musikszene über ihre Leidenschaft zur Musik und was sie derzeit bewegt. Dieses Mal hatte Lisa die Freude mit der Solo-Künstlerin Amy Wald und konnte ihr einige Fragen während ihrer Straßenmusik-Tour stellen.



amy wald
HIGH:FIV5 INTERVIEW UNTEN

Lisa: Hallo Amy, schön dass Du dir Zeit für ein Interview genommen hast. Ich würde dich bitten, dich unseren Lesern vorzustellen. Wer bist Du und was machst Du?                 

Amy Wald: Hallo, ich bin Amy Wald. Ich bin Sängerin und komme aus Wien in Österreich und habe mich in den letzten zwei Jahren auf Straßenmusik konzentriert, weil ich mich selbst herausfordern wollte. Für mich ist das Spielen auf der Straße eine der härtesten Proben, die man als Musiker erleben kann. Dort werden meist Cover-Songs gespielt, deshalb wollte ich schauen, wie die Leute auf meine eigenen Songs reagieren. Aus diesen Gründen ging ich letztes Jahr auf StraßenmusikTour und stehe auch dieses Jahr wieder auf der Bühne.

Lisa: Was bedeutet es für Dich eigene Gedanken in Lieder zu verpacken? Und welche Themen sind Dir am wichtigsten?

Amy Wald: Ich muss die Geschichten selbst erlebt haben, um sie genau und ehrlich beschreiben zu können. Genau beschreiben bedeutet nicht ins kleinste Detail zu gehen, sondern Gefühle so banal wie möglich darzustellen, damit die Zuhörer verstehen, was ich vermitteln möchte. Ich möchte sie zum Nachdenken anregen und gebe damit gleichzeitig viel von mir und meinen Gedanken preis. Wenn ich mich mit der Gitarre hinsetze und Lieder schreibe, behandeln sie häufig Themen, mit denen ich mich tagtäglich auseinandersetze. Beispielsweise mein Liebesleben oder LGBTQ+.

Lisa: Dein Lied „Sag mir was du denkst“ hat mich sehr berührt. Hat dieser Song auch eine persönliche Geschichte oder ist dieser eher allgemein gehalten? Wenn es eine eigene Geschichte gibt, würde ich mich freuen, wenn Du sie uns erzählst.

Amy Wald: Die Story hinter „Sag mir was du denkst“ ist letztes Jahr auf Tour entstanden. Ich saß in einem Park, während ich stundenlang auf meinen Bus warten musste. Statt zu schlafen schrieb ich diesen Song. Er handelt von einer Fernbeziehung, die ich während der Tour geführt habe und nicht klar definiert werden konnte. Trotzdem merkte ich, dass ich emotional sehr eingebunden war. Durch die Tour hatte man natürlich weniger Kontakt und obwohl ich nicht wusste, an welchem Punkt wir überhaupt standen und was genau das zwischen uns war, vermisste ich diese Person sehr. Mit dieser Ungewissheit konnte ich nicht gut umgehen und musste einfach wissen, wie diese Person zu mir steht. Diese Gefühle habe ich schließlich in diesem Song verarbeitet, was gleichzeitig wie eine Art Therapie für mich ist. Die Zeile aus dem Song: „Was ist das zwischen uns, hat noch nicht mal angefangen…“, steht dafür wie es war in der Luft zu schweben, nicht zu wissen was es ist und vor allem was es sein kann. Ich war umgeben von Fragen auf die ich keine Antworten hatte.

Lisa: Du machst schon viele Jahre Musik. Was sind für Dich rückblickend die Highlights und Tiefschläge und würdest Du irgendetwas anders machen, wenn Du den Weg noch einmal gehen müsstest?

Amy Wald: Ich würde absolut nichts anders machen, weil es mich dorthin gebracht hat, wo ich gerade stehe. Ich bin sehr zufrieden damit, wie meine Situation gerade ist. Ich bin der Meinung, dass man etwas sofort ändern muss, wenn es einen stört. Nur so entsteht Fortschritt. Zum Beispiel war mein Auftritt beim CSD in Frankfurt eines meiner absoluten Highlights meiner gesamten Karriere. Wenn man vor tausenden von Menschen auf der Bühne steht, ist das einfach ein geiles Gefühl und ich hätte noch Tage danach davon träumen können. Trotzdem war mir das Feedback nach dem Auftritt sehr wichtig. Was hat nicht funktioniert? Was muss ich besser machen? Wo muss ich anknüpfen? Wichtig für mich ist es natürlich zu genießen, sich zu freuen und es wertzuschätzen, aber auch sofort weiterzudenken und zu hinterfragen was ich noch verbessern kann. Ich möchte mich nicht mit dem zufrieden geben was ich habe, sondern das Beste aus jeder Situation herausholen und an mir arbeiten, um für das zu kämpfen was ich erreichen möchte. Rückblickend waren die bisherigen Highlights neben dem Auftritt beim CSD in Frankfurt, meine Tour im letzten Jahr, der Release von „Liebesleben“ 2018 und auch die aktuelle Tour ist unglaublich, denn mit jeder Stadt toppen wir die letzte Tour noch einmal um Längen. Es ist unfassbar wie sich das alles in einem Jahr entwickelt und vergrößert hat. Ich lebe gerade von Highlight zu Highlight, was ein unglaubliches Privileg ist und ich sehr zu schätzen weiß. Stillstand ist für mich keine Option und ich möchte, dass es immer weiter geht. Der größte Rückschlag war der Tod meines Gitarristen Martin Stark. Einen Menschen zu verlieren ist nie einfach, egal, welche Beziehung man zu diesem Menschen hatte. Für mich war Martin jedoch das zweite Zugpferd von Amy Wald. Er träumte genau so groß wie ich. Diese Person zu verlieren, bedeutet auch einen großen Teil von meinen eigenen Träumen zu verlieren. Trotzdem habe ich mich dazu entschieden weiterzumachen und bin sehr glücklich, dass ich nicht aufgegeben habe. Ich glaube, auch Martin hätte es sich nicht anders gewünscht. Daraus habe ich unglaublich viel gelernt und konnte durch diese Erfahrung auch besser mit dem Verlust meines Opas umgehen. Martin wird immer eine sehr große Rolle in meinem Leben und meiner Musik spielen. Den Song „Gute Reise“, welcher für Martin entstanden ist, höre ich noch immer unglaublich gern, weshalb es auch eine neue Version dieses Songs auf meiner aktuellen Platte gibt. Ich versuche unsere gemeinsamen Träume zu verwirklichen.

Lisa: Du bist nun schon eine ganze Zeit als Solokünstlerin unterwegs. Ist es leichter ohne Band an Songs zu arbeiten, weil Du machen kannst was Du möchtest? Oder fehlt Dir da der Austausch und die Ideen innerhalb einer Band?

Amy Wald: Ich finde es schwieriger allein an Songs zu arbeiten. Beim Jammen als Mitglied einer Band hat jeder seine eigene musikalische Inspiration eingebracht. Ich hatte immer eine grobe Vorstellung wie der Song werden könnte und gemeinsam im Proberaum entstand dann eine völlig andere Version. Das fand ich immer sehr schön und es fehlt mir sehr. Ich möchte auch zukünftig wieder mit einer Band auf der Bühne stehen. Als Solokünstlerin musste ich lernen anders Songs zu schreiben und auf neue Art zu produzieren. Ich finde es gut, wenn verschiedene Menschen unterschiedlichen Input mit hineinbringen, deshalb werde ich auch in Zukunft mit anderen Songs produzieren.

Lisa: Auf deiner aktuellen Straßenmusik-Tour hast du auch Deine eigene Platte im Gepäck und kürzlich dein eigenes Plattenlabel gegründet. Herzlichen Glückwunsch dazu! Was sind deine Pläne und vor allem Wünsche für die Zukunft?

Amy Wald: Zukünftig möchte ich meine eigene Musik über mein eigenes Label veröffentlichen oder unter einem Label arbeiten, bei dem ich mich wohlfühle und entsprechender Support gestellt wird. Ich würde mich sehr eingeschränkt fühlen, wenn ich bestimmte Deadlines vorgeschrieben bekommen würde. „Break Them Records“ steckt derzeit noch in den Kinderschuhen, trotzdem habe ich schon große Pläne mit dem Label. Vorerst natürlich meine eigene Musik zu veröffentlichen und vielleicht in Zukunft auch andere Bands unter Vertrag zu nehmen. Es steht noch alles offen.

Lisa: Letztes Jahr hast du gemeinsam mit deinen Followern über Crowdfunding Geld für die Aufnahme von „Liebesleben“ gesammelt. Dabei sind stolze 5000€ zusammengekommen. Gab es noch andere Projekte, die Du damit finanzieren konntest?

Amy Wald: Ich habe alles ganz genau aufgelistet, damit die Leute wissen, wofür das Geld genutzt wird. Es ist oft so, dass man bei solchen Aktionen als Dankeschön T-Shirts, Aufkleber oder fertige CDs anbietet. Ich konnte mir zu diesem Zeitpunkt leider nichts davon leisten. Deswegen wollte ich den Leuten beweisen, dass ich mir zumindest den Hintern aufreiße und das Geld richtig investiere. Mit dem Budget wurde das Musikvideo von „Liebesleben“ produziert, wofür ein großes Team und zwei Tage Drehzeit notwendig waren. Trotz großzügiger Hilfsangebote, wollte ich alle Beteiligten fair bezahlen, denn ich möchte zukünftig auch weiterhin mit diesen Menschen zusammenarbeiten. Jeder hat Arbeit und Zeit hineingesteckt und das wollte ich mit einer fairen Bezahlung wertschätzen. Ein weiterer Teil des Geldes ist in die Studioaufnahmen von „Liebesleben“ und einige weitere Songs geflossen. In der Zeit begann auch schon die Vorproduktion zu „F.A.L.S.“ und der EP, die ich gerade mit auf Tour habe. Jeder Cent floss also in die Musik!

Lisa: Deine Single „F.A.L.S.“ ist am 28.06.2019 veröffentlicht worden. Vor etwa einem Jahr ist „Liebesleben“ erschienen und schlug ein wie eine Bombe. Hast Du wieder mit so einem Erfolg gerechnet und was bedeutet dir der Song?

Amy Wald: Ich wusste, dass es nichts gibt, was „Liebesleben“ irgendwie hätte toppen können. Es ist schwierig einen solchen Erfolg erneut nach einem Song zu erwarten, der auf sehr vielen Plattformen viral ging. Ich wusste, dass es schwer wird und ich hatte auch Angst davor, weil eine gewisse Erwartungshaltung existierte. Man orientiert sich ja trotzdem an den Erfahrungswerten der letzten Releases. Ich hatte gehofft, etwas veröffentlichen zu können, was mein Publikum und mich gleichermaßen glücklich macht. Etwas, das meine persönliche und musikalische Entwicklung zeigt. Für die Zeit, die der Song draußen ist, läuft er sehr erfolgreich und ich freue mich auch live zu sehen, dass die Leute den Song feiern und den Text mitsingen können. Ich bin gespannt was mit F.A.L.S. noch passiert, denn ich denke, dass der Song einfach ein bisschen mehr Zeit braucht, um anzurollen. Diese Zeit darf er sich aber gern nehmen. Ich liebe den Song und werde ihn immer gern live spielen und singen.

Lisa: Was hat dich dazu bewogen auf Deutsch zu singen?

Amy Wald: Ich habe mich geweigert die ersten Jahre auf Deutsch zu singen. Ich habe immer gesagt: „Ich singe nur auf Englisch und ich hasse deutsche Musik“. Trotzdem bin ich großer Fan von Jennifer Rostock, was jedoch die einzige deutsche musikalische Ausnahme ist. In derselben Nacht, in der Martin verunglückte, schrieb ich das erste Mal auf Deutsch, um diese Situation für mich zu verarbeiten. Es war in dem Moment wie eine Art Therapie, die ich für mich in Anspruch nehmen wollte, da sie mich auffangen konnte. Ich habe, ohne mich bewusst dafür zu entscheiden, das Lied auf Deutsch geschrieben. Wahrscheinlich, weil ich so ehrlich wie möglich versuchen wollte, meine Emotionen zum Ausdruck zu bringen. Da ist meine Muttersprache viel greifbarer. Aus diesem Grund kam auch „Liebesleben“ auf Deutsch heraus. Eigentlich ist es sehr schön auf Deutsch zu schreiben und zu singen. Ich werde in keiner anderen Sprache ehrlicher schreiben können. Allerdings macht man sich hier dadurch angreifbarer, weil jeder hier versteht, was du singst. Deshalb muss jeder Text einfach stimmen. Man kann wie Jennifer Rostock auf einem unglaublich hohen intellektuellen Niveau auf Deutsch schreiben, bei dem viele bekannte Sprichwörter ihre eigenen Regeln innerhalb der Songs entwickeln. Für meine eigenen Texte wäre das aber zu aufgezwungen, denn so rede ich persönlich nicht. Es wäre einfach nicht authentisch. Ich erzähle meine Gedanken lieber so, wie ich es in einem Gespräch, wie in diesem Interview hier tue. Aber auch ich habe noch viel zu lernen, wenn es darum geht auf Deutsch zu schreiben. Alles benötigt seine Zeit und diese nehme ich mir.

Lisa: Vielen Dank für dieses ausführliche Interview und deine Zeit. Hast Du abschließend noch ein paar Worte an unsere Leser, die Du ihnen gern mit auf den Weg geben möchtest?

Amy Wald: Ich finde es wichtig, die Stimme, die man hat, zu nutzen und sich für Dinge einzusetzen. Dabei ist es völlig egal, ob ihr auch Musik macht, im Verkauf oder im sozialen Bereich arbeitet oder in einer Ausbildung seid. Es ist ein Geschenk mit so vielen Menschen auf der Welt kommunizieren zu können. Diese Gabe sollte man nutzen, vor allem für den guten Zweck. Seinen eigenen Emotionen eine Kommunikationsebene bieten. Auch mal offen zu äußern, wenn es einem nicht gut geht. Es gibt so viele Menschen, die einem zuhören und auch verstehen können. Niemand sollte allein mit seinen Problemen sein. Traut Euch miteinander zu reden, damit wird vieles einfacher und schöner.

 

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